Anna Stolz

Pressemitteilungen

13.10.2020

Bericht aus der Kabinettssitzung vom 13. Oktober 2020

Corona-Pandemie / Sorge über steigende Infektionszahlen / Contact-Tracing Teams werden personell deutlich verstärkt / Fortsetzung der Mobilen Teststrecken / Einreise-Quarantäne-Verordnung verlängert / Wissenschaft und Grundrechtsschutz bestimmen Corona-Politik der Staatsregierung / Dreierrat Grundrechtsschutz und Präsident der Leopoldina im Ministerrat / Weiterentwicklung und Stärkung von Kinderschutz in Bayern / Wahrung des Kindeswohls auch in Zeiten von Corona

1. Corona-Pandemie / Sorge über steigende Infektionszahlen / Contact-Tracing Teams werden personell deutlich verstärkt / Fortsetzung der Mobilen Teststrecken / Einreise-Quarantäne-Verordnung verlängert

Mit Sorge stellt der Ministerrat fest, dass sich das Infektionsgeschehen in den europäischen Nachbarländern, aber auch bundesweit in den letzten Wochen und Tagen gesteigert hat. Vor allem in den Ballungsräumen besteht die Gefahr, dass Infektionsketten nicht mehr nachverfolgt und unterbrochen werden können und sich das Coronavirus SARS-CoV-2 ungehindert weiter verbreiten kann. Dass Bayern und Deutschland bislang vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen sind, liegt am konsequenten und verständigen Zusammenwirken der gesamten Gesellschaft entsprechend des bayerischen Kurses der Vorsicht und Umsicht. Dies ist nun umso mehr erforderlich! Der Ministerrat appelliert deswegen mit allem Nachdruck an die gesamte bayerische Bevölkerung, weiter die Regeln Abstand, Hygiene, Alltagsmasken und Lüften – AHA-L – zu beherzigen und auf diese Weise dazu beizutragen, dass eine Unterbrechung von Infektionsketten – eine der Grundvoraussetzungen einer erfolgreichen Pandemiebekämpfung – gewährleistet bleibt.

Auf staatlicher Seite ist weiterhin ein konzentriertes und schnelles Handeln erforderlich, um einen zweiten Lockdown zu verhindern. Der Ministerrat beschließt im Einzelnen die folgenden Maßnahmen:

  • Contact Tracing Teams
    • Der Ministerrat betont die Bedeutung des Contact-Tracings zur Nachverfolgung von Infektionsketten. Der vom Freistaat zur Verfügung gestellte Grundstock für die Contact-Tracing-Teams (CTT) von 775 Mitarbeitern an den Gesundheitsbehörden wird daher um weitere 500 Mitarbeiter aufgestockt. Diese werden jeweils zur Hälfte auf die Regierungen und Kreisverwaltungsbehörden aufgeteilt und umgehend bis zum 1. März 2022 (befristet) eingestellt. An den Regierungen sind damit insgesamt 65 CTT als schnelle Eingreiftruppe zur Unterstützung der Gesundheitsbehörden in Landkreisen und kreisfreien Städten mit verstärktem Infektionsgeschehen vorzuhalten. Bei der Abwicklung der Einstellungsverfahren werden die Regierungen durch die anderen Ressorts im Wege der Amtshilfe unterstützt, soweit Einstellungen nicht von den Kreisverwaltungsbehörden selbst vorgenommen werden.
    • Um unverzüglich das Contact-Tracing zu stärken, werden mit sofortiger Wirkung bis zu 2.000 staatliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dafür abgestellt. Insbesondere sind dabei Beamtenanwärterinnen und Beamtenanwärter sowie solche Unterstützungskräfte aus den Ressorts zu berücksichtigen, die bereits im Frühjahr zur Kontaktnachverfolgung eingesetzt wurden. Das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration wird beauftragt, bis zu 1.000 Beamtinnen und Beamten insbesondere der Bereitschaftspolizei für das Contact-Tracing zur Verfügung zu stellen sowie zentrale Anlaufstellen für die Bearbeitung von Anforderungen durch die örtlichen Gesundheitsämter einzurichten.
    • Der Ministerrat betont darüber hinaus die Notwendigkeit, dass alle Ressorts und die Staatskanzlei weiterhin mindestens 2.550 Mitarbeiter als Unterstützungspersonal im Bedarfsfall für die Bildung von CTT zur Verfügung stellen. Der Einsatz der CTT-Mitarbeiter wird von einer interministeriellen Arbeitsgruppe unter Federführung des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat laufend begleitet und evaluiert.
  • Sonstige personelle Ausstattung der Gesundheitsbehörden
    • Die personelle Unterstützung des Staatsministeriums der Gesundheit und Pflege, des Landesamts für Gesundheit und der Gesundheitsämter mit Stammkräften der anderen Ressorts wird im bisherigen Umfang über den 31. Dezember 2020 hinaus bis mindestens 30. April 2021 verlängert. Auf Bitten des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege sollen die Ressorts zusätzliche notwendige Unterstützungskräfte vor allem für die Bereiche Beschaffungen, Öffentlicher Gesundheitsdienst, Vergabewesen, Personal- und IT-Dienstleistungen vorübergehend abordnen oder im Wege der Amtshilfe Aufgaben übernehmen.
  • Mobile Teststrecken
    • Die konsequente Kontaktnachverfolgung muss mit einer niedrigschwelligen Testung Krankheitsverdächtiger koordiniert zusammenwirken. Die mobilen Teststrecken haben sich auf Grund ihrer flexiblen und schnellen Einsatzfähigkeit bewährt. Sie sind ein wichtiges Element einer dezentralen Teststrategie und werden daher, gerade auch zur Unterstützung der Testzentren bei den Kreisverwaltungsbehörden bei der Bewältigung eines Hotspot-Geschehen, nahtlos fortgesetzt. Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wird die Mobilen Teststrecken bis 31. Dezember 2020 (mit Verlängerungsoption bis 28. Februar 2021) fortführen und die Einsatzszenarien konzeptionell weiter entwickeln. Die zur Umsetzung erforderlichen Haushaltsmittel in Höhe von 32 Mio. Euro werden aus dem Sonderfonds Corona-Pandemie bereitgestellt.
  • Einreise-Quarantäne-Verordnung
    • Die Einreise-Quarantäne-Verordnung wird um weitere drei Wochen bis zum 8. November 2020 verlängert.

2. Wissenschaft und Grundrechtsschutz bestimmen Corona-Politik der Staatsregierung / Dreierrat Grundrechtsschutz und Präsident der Leopoldina im Ministerrat

Die Corona-Politik der Staatsregierung folgt den Prinzipien der Vorsicht und Umsicht. Dabei haben Wissenschaft und Grundrechtsschutz oberste Priorität. Dazu beriet sich der Ministerrat heute mit den Mitgliedern des Dreierrats Grundrechtsschutz sowie dem Präsidenten der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Grundrechtsschutz ist für den Freistaat während der Corona-Krise von besonderer Bedeutung. Die Staatsregierung hat deshalb Ende März 2020 den Dreierrat Grundrechtsschutz als unabhängiges Monitoring-Gremium für die rechtliche und ethische Bewertung staatlicher Corona-Maßnahmen eingesetzt. Das Gremium berät die Staatsregierung bei wichtigen Leitentscheidungen während der Corona-Pandemie. Es besteht aus der ehemaligen evangelischen Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler als Vorsitzender sowie den ehemaligen Präsidenten der Oberlandesgerichte Nürnberg bzw. Bamberg, Dr. Christoph Strötz und Clemens Lückemann.
Der Dreiererrat Grundrechtsschutz leistet mit seiner Arbeit einen wertvollen Beitrag dazu, bei allen notwendigen Maßnahmen den bestmöglichen Ausgleich zwischen effektivem Infektionsschutz und geringstmöglichen Einschränkungen zu finden. In seinen Sitzungen werden insbesondere Fragen der Verhältnismäßigkeit und Gerechtigkeit sowie mögliche Handlungsalternativen erörtert. Die Empfehlungen des Dreierrats werden von der Staatsregierung bei der fortlaufenden Anpassung der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zeitnah berücksichtigt.

Oberstes Ziel der Staatsregierung bei der Bewältigung der Corona-Pandemie ist der Schutz der Bevölkerung. Bei allen Maßnahmen gilt das Primat der Wissenschaft. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat seit Beginn der Corona-Krise zahlreiche wegweisende Stellungnahmen zu unterschiedlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Pandemie veröffentlicht. Bereits in der ersten Ad-hoc-Stellungnahme vom 21. März 2020 hat sich die Leopoldina mit den von der Bundesregierung und den Ländern ergriffenen Maßnahmen befasst und den Dreiklang aus Eindämmung der Epidemie, Schutz der vulnerablen Bevölkerung sowie gezielter Kapazitätserhöhung im öffentlichen Gesundheitswesen befürwortet. Die sechste und damit bislang letzte Ad-hoc-Stellungnahme vom 23. September 2020 „Coronavirus-Pandemie: Wirksame Regeln für Herbst und Winter aufstellen“ fordert die Verantwortlichen in Bund und Ländern auf, sich rasch auf bundesweit verbindliche, wirksame und einheitliche Regeln für das Inkrafttreten von Schutzmaßnahmen zu einigen und letztere konsequenter als bisher um- und durchzusetzen. Die Staatsregierung sieht sich damit in ihrem Kurs für bundesweit möglichst einheitliche Regeln und Sanktionen bestätigt.

3. Weiterentwicklung und Stärkung von Kinderschutz in Bayern / Wahrung des Kindeswohls auch in Zeiten von Corona

Der Freistaat ist mit dem Bayerischen Gesamtkonzept zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor körperlicher, sexualisierter und seelischer Gewalt sowie Vernachlässigung gut aufgestellt. Die Staatsregierung entwickelt und stärkt das Konzept stetig weiter, um den bestmöglichen Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten.

Effektiver Kinderschutz bedeutet vor allem, Eltern zu unterstützen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Dies gilt gerade auch in Zeiten besonderer Belastung wie der Corona-Pandemie. Die Staatsregierung unterstützt deshalb die für den Kinderschutz zuständigen Kommunen sowie die Praxis mit einem umfassenden Online-Angebot, verschiedenen Initiativen und Projekten sowie interdisziplinären Qualifizierungsmaßnahmen zielgerichtet beim Erhalt und der Sicherstellung bedarfsgerechter Kinderschutzstrukturen im Freistaat. Insbesondere mit den in Bayern flächendeckend vorhandenen rund 120 KoKi-Netzwerken frühe Kindheit (Koordinierende Kinderschutzstellen), den rund 180 Erziehungsberatungsstellen und der Bayerischen Kinderschutzambulanz am Institut für Rechtsmedizin der LMU München hat der Freistaat entscheidende Weichen mit bundesweiter Vorbildfunktion gestellt.

Bei der Weiterentwicklung und Stärkung des Kinderschutzes konzentriert sich die Staatsregierung neben der Stärkung der Hilfeangebote und der interdisziplinären Qualifizierung u.a. auf die Weiterentwicklung digitaler Angebote und die Sensibilisierung der gesamten Gesellschaft. Gleichzeitig setzt sich Bayern auf Bundesebene dafür ein, dass für alle Berufsgruppen, die mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen, bei Erkenntnissen über eine Kindeswohlgefährdung nicht nur eine Befugnis, sondern die Pflicht besteht, die für die Abklärung und Sicherstellung des Kindeswohls zuständigen Stellen unverzüglich zu informieren.

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