Anna Stolz

Pressemitteilungen

17.05.2022

Bericht aus der Kabinettssitzung vom 17. Mai 2022

1. Bayerische Positionen in der Energiepolitik

Die Herausforderungen in der Energiepolitik aufgrund des Klimawandels haben im Freistaat Bayern oberste Priorität. Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich nun eine neue, noch drastischere Situation ergeben. Der Ministerrat ist sich einig, dass Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und nachhaltige Produktion von Energien ein Schlüssel- und Schicksalsthema für Bayern und für Deutschland sind. Die Staatsregierung wird daher ihre Kräfte darauf konzentrieren, eine sichere, verlässliche, ökonomisch und ökologisch vertretbare Energieversorgung für den Wirtschaftsstandort Bayern zu gewährleisten. Wie bei Corona ist es beim Thema Energie entscheidend, schnell, entschlossen und auch unkonventionell zu handeln.

Im Bewusstsein dieser energiepolitischen Herausforderungen und in Verantwortung für Menschen und Wirtschaft im Freistaat beschließt der Ministerrat den

Bayerischen Energieplan:

A. Versorgungssicherheit
Bayern produziert nicht nur viel Energie, es braucht auch viel. Der gesamte Energieverbrauch Bayerns liegt bei umgerechnet 380 Milliarden kWh. Wir sind ein Industriestandort mit den meisten Industriearbeitsplätzen bundesweit, nämlich 1,3 Millionen. Die Energie hat dem Freistaat den heutigen Wohlstand gebracht. Es ist die oberste Pflicht der Staatsregierung, diesen Lebensstandard zu sichern und bezahlbar zu halten. Alles, was Bayern in eigener Regie tun kann, wird getan. Aber der Bund muss seinen Beitrag leisten:

1. Erforderlich ist eine deutlich weitere Diversifizierung von Energieimporten und Stromproduktion:

  • Der Bau der nötigen LNG-Terminals muss nach dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 10. Mai 2022 nun zügig vorangetrieben werden.
  • Der für Bayern sehr wichtige Gasspeicher Haidach in Österreich muss zügig aufgefüllt werden. Die Bundesregierung muss hier zusammen mit der Republik Österreich Einflussmöglichkeiten auf die Betreiber schaffen, um eine zügige Befüllung des auch für Österreich wichtigen Speichers zu gewährleisten.
  • Um die Erdgasvorräte zu schonen, müssen wir sowohl die geplanten wie auch die bereits erfolgten Stilllegungen von Kohlekraftwerken kritisch überprüfen.
  • Zudem ist eine befristete Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke sinnvoll. Es macht derzeit keinen Sinn, das abzuschalten, was noch läuft.
  • Ein Gasembargo muss vermieden werden. Die Folgen wären gerade für Bayern unabsehbar.

2. Bayern hat sich beim Wasserstoff mit dem Wasserstoffbündnis, der Bayerischen Wasserstoffstrategie, den IPCEI-Projekten und dem WTAZ Pfeffenhausen und Gesamtinvestitionen in Höhe von rund 450 Millionen Euro in den kommenden Jahren bereits stark engagiert.

  • Für einen Durchbruch brauchen wir vom Bund den Einsatz für den Anschluss Bayerns an das deutsche und europäische Wasserstoffnetz bis 2030. Der Süden Deutschlands sollte auch über den Süden Europas angeschlossen werden. Bayern dringt daher auf Reaktivierung und Umnutzung vorhandener Pipelines sowie dem Neubau einer eigenen Pipeline aus Italien.
  • Zudem wollen wir in Bayern auch eigene Wasserstoffproduktion zur Versorgung unserer Industrie aufbauen und erwarten, dass die Förderung von Wasserstoffinfrastruktur nicht regional begrenzt nur im Norden erfolgt.

3. Mit der Energiewende ändern sich die Standorte der Stromerzeugung. Der Ausbau des Stromnetzes ist daher für Bayern überragend wichtig. Vor allem die Bundesvorhaben beim Leitungsbau hinken hinter dem Zeitplan hinterher.

Bayern tut alles, was möglich ist: Bereits im Haushalt 2022 sind 50 Prozent mehr Stellen vorgesehen. Verbesserungen bei den Verfahren und ein intensiverer Austausch mit den Netzbetreibern sind wichtige Faktoren für eine deutliche Beschleunigung.

Die Hauptverantwortung für die großen überregionalen Leitungen liegt allerdings beim Bund. Auch er muss die Personalstärke der Bundesnetzagentur entsprechend überprüfen. Außerdem muss – wie für die Erneuerbaren Energien und das Übertragungsnetz – auch dem Verteilnetz ein gesetzlicher Vorrang eingeräumt werden. Projekte zum Ausbau der Erneuerbaren Energien dürfen nicht an einem fehlenden oder verzögerten Netzanschluss scheitern.

4. Neben dem beschleunigten Leitungsbau trägt der Zubau gesicherter Leistung durch ein zeitgemäßes Strommarktdesign entscheidend zur Versorgungssicherheit bei:

  • Der Hochlauf der Erneuerbaren Energien muss deshalb durch den Zubau neuer Kraftwerke, die perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden können, abgesichert werden.
  • Durch einen belastbaren Stresstest beim Versorgungssicherheitsmonitoring muss der Bund den regionalen Bedarf feststellen und den nötigen Bau dieser Anlagen durch ein neues Strommarktdesign ermöglichen. Wesentlich ist, nicht nur den Strom, sondern auch die Bereitstellung von gesicherter Leistung zu honorieren.
  • Bayern hat zahlreiche Kraftwerksstandorte, an denen diese Anlagen gebaut werden können. Eine strukturpolitisch motivierte Fokussierung auf alte Kohlekraftwerksstandorte in Ost und West lehnt Bayern daher ab.

B. Wettbewerbsfähige Energiepreise
Der Ukraine-Krieg hat der Energiepreisspirale noch einmal zusätzlichen negativen Schwung verliehen. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen müssen vor dieser kaum mehr tragbaren Kostenbelastung geschützt werden. Bloße Sparappelle sind dafür aber kein belastbares Konzept.

5. Bayern tritt daher für eine umfassende Energiepreisbremse ein. Die beiden Entlastungspakete des Bundes können nur ein erster Schritt sein. Wir fordern zusätzlich vor allem:

  • Eine Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß noch im Jahr 2022.
  • Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt zu den Netzentgelten in Höhe von mindestens zwei Milliarden Euro wie im Kohleausstiegsgesetz zugesagt.
  • Den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Erdgas, Elektrizität und Fernwärme.
  • Eine zeitnahe Umsetzung der beschlossenen temporären Absenkung der Energiesteuern auf Kraftstoffe. Durch die Befristung auf drei Monate ist keine dauerhafte Entlastung möglich. Darüber hinaus ist auch eine Senkung der Energiesteuern auf Heizöl und Erdgas nötig.
  • Entlastung auch für Pendler, die weniger als 21 Kilometer zurücklegen, und Dynamisierung der Pendlerpauschale.
  • Die Einführung eines Industriestrompreises in Deutschland.
  • Weitere gezielte Entlastungen für Familien und Rentnerinnen und Rentner.
  • Anpassungen des Einkommensteuer-Tarifs zum Ausgleich der kalten Progression sowie eine Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages auf 1.500 Euro.
  • Ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zum Erhalt der einheitlichen deutschen Stromgebotszone.

C. Ausbau der Erneuerbaren Energien
Der Schlüssel zum besten Ertrag beim Ausbau der Erneuerbaren Energien liegt in den regionalen Stärken und der Eigenverantwortung der Länder. Bayern nutzt bei seinen Heimatenergien seine Möglichkeiten als großes Flächenland umfassend. Dies gelingt aber nur mit den Bürgern, nicht gegen sie. Bayern ist hiermit schon jetzt äußerst erfolgreich: der Freistaat ist bei allen Erneuerbaren Energien Nummer eins – mit der Ausnahme Windkraft.

Wir haben die höchste installierte Leistung bei PV-Anlagen, Wasserkraft- und Biomasse-Anlagen in Deutschland. Wir sind auch führend bei Geothermie. So produzieren wir doppelt so viel regenerativen Strom wie Baden-Württemberg.

Selbst beim Wind ist Bayern viel besser, als mancher öffentliche Eindruck suggeriert: Bayern ist nicht Schlusslicht, sondern auf Platz 8 aller 16 Bundesländer, obwohl im Süden deutlich weniger Wind weht als im Norden.

In Bayern stammen bereits mehr als 52 % der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen. Mit 13,0 TWh und 11,1 TWh leisteten die Photovoltaik und die Wasserkraft den größten Beitrag, gefolgt von der Biomasse mit 10,1 TWh und der Windenergie mit 4,9 TWh. Bis 2030 soll die Stromerzeugung mit regenerativen Energien in Bayern verdoppelt werden.

6. Für alle Erneuerbaren Energien ist eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren nötig. Dazu muss der Bund schnellstmöglich eine umfassende materiell- und verfahrensrechtliche Anpassung des Bundesrechts auf den Weg bringen und – wo erforderlich – sich für eine Veränderung der entsprechenden europarechtlichen Vorgaben einsetzen.

7. Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für kommunales und bürgerschaftliches Engagement vor Ort fordert der Freistaat:

  • Eine Erhöhung der finanziellen Beteiligung der Kommunen von derzeit 0,2 ct/kWh. Außerdem sollten erweiterte Beteiligungsmöglichkeiten für Anwohner geprüft werden.
  • Bei der neuen Definition von Bürgerenergiegesellschaften müssen kommunale Tochtergesellschaften berücksichtigt werden.
  • Die Erarbeitung eines bundeseinheitlichen Leitfadens für eine gelungene Bürgerbeteiligung sowie eine Ausbildungsoffensive für Fachkräfte im Bereich EE.

8. Über ein Viertel der gesamten installierten Photovoltaik-Leistung in Deutschland (16,2 GW) steht im Freistaat. Bayern ist Sonnenland Nr. 1. Ziel ist, die Stromerzeugung aus Solarenergie bis 2030 von heute 13 TWh auf 40 TWh zu verdreifachen.

Bayern wird neue und erweiterte Nutzungsmöglichkeiten der Solarkraft mit Pilot- und Demonstrationsvorhaben überall im Land aufzeigen:

  • PV-Anlagen auf allen geeigneten staatlichen Gebäuden (vgl. Ministerratsbeschluss vom 10. Mai 2022).
  • PV-Überdachung großer Parkplätze und P&R-Anlagen.
  • Weitere PV-Carports auf staatl. Liegenschaften.
  • Agri-PV-Modellanlage auf dem Gelände der Bayerischen Staatsgüter in Grub mit drei realisierten Konzepten: Hochaufgeständerte PV, bodennahe Ost-West-Anlage mit Tracking sowie vertikale Anlage. Ziel sind eine jährliche Energiegewinnung von knapp 1 GWh sowie ein begleitendes Forschungsvorhaben mit Arbeitspaketen: Bewirtschaftung / Pflanzenentwicklung, Mikroklima sowie Erträge / Ökonomie.
  • Errichtung je einer Agri-PV-Anlage an einem Standort der Bayerischen Staatsgüter in vier Regierungsbezirken (Kringell (Niederbayern), Neuhof (Schwaben), Schwarzenau (Unterfranken) und Almesbach (Oberpfalz) zu Demonstrationszwecken mit einer zu erwartenden Jahres-Gesamterzeugung von rd. 3 GWh. Dabei Umsetzung je eines Konzepts der Agri-PV pro Standort (z.B. hochaufgeständerte, dem Sonnenlauf nachgeführte sowie bifaziale PV-Anlagen; 2,5-4 Hektar Fläche pro Standort, insgesamt: 10-16 Hektar). Errichtung und Betrieb durch Landwirte, Bürgerenergiegesellschaften oder Genossenschaften.
  • Ermöglichung von Bürgermodellen für Freiflächen-, Agri- und Moor-PV an den Staatsgütern: Verpachtung von bis zu 60 Hektar Fläche an Bürgerenergiegenossenschaften oder Bürgergesellschaften. Ziel ist ausgewogener Mix aus kleineren Freiflächen-PV, Agri-PV bzw. Moor-PV-Anlagen.
  • PV auf den Dachflächen der Bayerischen Staatsgüter: Ziel ist eine jährliche Stromerzeugung von rd. 8 GWh durch PV auf Dächern der BaySG.
  • Umsetzung eines Pilotprojektes Hybridkraftwerk als Wind-Sonne-Speicher.

Daneben sollte der Bund für verbesserte wirtschaftliche Rahmenbedingungen sorgen. Hierzu fordert der Freistaat:

  • Die Anhebung der im Osterpaket vorgeschlagenen Fördersätze für PV-Dachanlagen mit Eigenversorgung. Dies gilt insbesondere für kleine Teileinspeisungsanlagen bis 100 kW.
  • Die Einführung eines bundesweiten PV-Speicher-Förderprogramms analog zum bayerischen Programm.
  • Ausweitung der gesetzlich geregelten Steuerbefreiung der Gewinne aus dem Betrieb kleinerer PV-Anlagen bis 30 kW und Blockheizkraftwerken bis 7,5 kW.

Zudem sollten PV-Anlagen an Autobahnen errichtet werden.

9. Auch die Wasserkraft gehört traditionell fest zum bayerischen Energiemix. Bayern ist nicht nur Sonnen-, sondern auch Wasserland. Dabei soll es auch in Zukunft bleiben.

Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz werden daher Ausbaumöglichkeiten der Wasserkraft an bestehenden Querbauwerken in ganz Bayern überprüfen. Grundlage sind dafür die vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz ermittelten 30 potenziellen Standorte für neue Anlagen an vorhandenen Querbauwerken. Ziel ist, mit diesen Standorten insgesamt ein zusätzliches Potential von 18 MW Leistung und rd. 160 GWh Stromproduktion jährlich zu erschließen.

Um das gesamte Potential der Wasserkraft insgesamt noch besser auszuschöpfen, ist aber vor allem auch der Bund gefordert:

  • Die Ungleichbehandlung der Wasserkraft im Osterpaket muss aufgehoben werden. Rund die Hälfte der deutschen Wasserkraftanlagen steht in Bayern. Der Wegfall der Förderung kleiner Wasserkraftanlagen bis 500 kW gefährdet den Weiterbetrieb von rund 4.000 Wasserkraftanlagen in Bayern.
  • Bessere Vergütung für kleine Wasserkraftanlagen anstelle einer pauschalen Aufhebung der Förderung.
  • Abschaffung der Degression – also der laufenden Senkung der Vergütung – bei Wasserkraftanlagen.
  • Wirtschaftlich attraktive Bedingungen für den Pumpspeicherbau und -betrieb.

10. Bayern ist auch führend bei der Bioenergie. Sie passt als Ergänzung der Landwirtschaft besonders gut zu Bayern. Aktuell befinden sich rund 1,9 GW installierte Leistung im Freistaat. Bis 2030 sieht die Staatsregierung hier ein Steigerungspotential von rund 15 %.

Bayern wird zur technischen Fortentwicklung der Bioenergie mit zwei hochmodernen Hof-Biogasanlagen an den Bayerischen Staatsgütern beitragen: Errichtung je einer Hofbiogasanlage an Standorten Achselschwang und Kringell (100 kW bzw. 75 kW) mit einer jährlichen Stromproduktion von 1,4 GWh. Im Fokus soll der vorwiegende Einsatz von Wirtschaftsdünger stehen.

Für eine breite wirtschaftliche Nutzung sind daneben aber Verbesserungen der Rahmenbedingungen durch den Bund erforderlich:

  • Das bisherige Ausschreibungsvolumen für Biomasse muss beibehalten werden, um die Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme im Markt zu halten.
  • Erleichterte Nutzung unbelasteter Biomasse im Rahmen des EEG.
  • Eine Förderung für Anlagen zur Einspeisung von Biomethan ins Gasnetz.
  • Erhalt des Mindeststeuersatzes für Biokraftstoffe in Land- und Forstwirtschaft.
  • Nutzung von Stilllegungsflächen für erneuerbare Energien.
  • Heizungen für feste Biomasse (z.B. Holz) sollten weiter als umweltfreundlich gelten und über die Bundesförderung für effiziente Gebäude gefördert werden können.

11. Bei der Geothermie ist es bayerisches Ziel, hieraus bis zum Jahr 2050 rund 25 % des bayerischen Wärmebedarfs im Gebäudesektor zu decken.

Bayern wird die nächsten technologischen Schritte der Geothermie unterstützen: Hierzu gehört insbesondere die Vernetzung der interkommunalen Projekte über Wärmeverbundleitungen, den Ausbau der Wärmenetze und Durchführung weiterer Bohr-Projekte, die industrielle Nutzung von Prozesswärme und der Ausbau der mitteltiefen Geothermie. Mittel- bis langfristiges Ziel ist dabei insbesondere auch die geothermale Erschließung Nordbayerns.
Vom Bund fordert Bayern daneben einen Masterplan Geothermie.

12. Bayern wird auch die Windkraft deutlich intensiver nutzen. Aktuell sind in Bayern laut Marktstammdatenregister 1.269 Windenergieanlagen mit rund 2,57 GW installierter Leistung in Betrieb. Bereits heute sind rund 0,7 % der Landesfläche für die Windkraft ausgewiesen. Das Ausbautempo in Bayern wurde bislang im Wesentlichen durch die schlechteren Windverhältnisse im Süden und durch ein benachteiligendes Ausschreibungsregime gebremst. Hinzu kamen und kommen zahlreiche Klageverfahren vor Ort, bei denen Naturschutzverbände die größte Klägergruppe bilden.

Vor diesem Hintergrund verfolgt Bayern folgende Windkraftstrategie:

An der bestehenden 10-H-Regelung wird festgehalten. Nur wenn die Akzeptanz beim Bürger besteht, werden die Ausbauziele verlässlich erfüllbar sein.

Die 10-H-Regelung wird reformiert. Dabei strebt die Staatsregierung einen Zuwachs von mindestens 800 Windkraftanlagen in den nächsten Jahren sowie eine Aktivierung eines Flächenpotentials für Windkraftanlagen in der Größenordnung von bis zu 2 % der Landesfläche an.

Mit den angestrebten mindestens 800 Anlagen könnte eine zusätzliche installierte Leistung von mindestens vier GW generiert werden. Das ist mehr als zweieinhalbmal so viel wie heute.

Für dieses Ziel werden Ausnahmetatbestände geschaffen, bei denen der Mindestabstand auf 1.000 Meter reduziert werden soll:

  • Für das Repowering.
  • Für regionalplanerisch und kommunal für Windenergie ausgewiesene Flächen.
  • Auf vorbelasteten Gebieten z.B. in einem Korridor entlang von Autobahnen, mehrspurigen Bundesstraßen und Haupteisenbahnstrecken.
  • Für Anlagen in Waldgebieten.
  • Für Anlagen zur Stromversorgung von Betrieben im Umkreis von Gewerbe- und Industriegebieten.
  • Für Truppenübungsplätze.

Die Staatsregierung wird auf dieser Basis einen Gesetzentwurf zur Änderung der Bayerischen Bauordnung erarbeiten.

Aber auch der Bund ist gefordert, Hemmnisse für Windkraft zu beseitigen:

  • Einsatz für eine beihilferechtliche Genehmigung der Südquoten.
  • Zügige Umsetzung der angekündigten Verbesserungen bei den nötigen Abständen zu Drehfunkfeuern und Wetterradaren.
  • Abbau von weiteren Konflikten mit der zivilen und militärischen Luftfahrt.
  • Überarbeitung der Regelungen zum Repowering, insbesondere Anpassung des Prüfumfangs.
  • Abbau bzw. Ausgleich von bundesgesetzlichen (Ziel-) Konflikten zwischen dem Natur- und Artenschutz und Erneuerbaren Energien.

Die Staatsregierung geht davon aus, dass der Bund diese Regelung – so wie Bayern sie auf den Weg bringen wird – akzeptiert und die 10-H-Regelung nicht abschaffen wird. Eine vollständige Abschaffung würde zu einem unkontrollierten Ausbau führen und vor allem den ländlichen Raum übermäßig belasten. Dies wäre für Bayern inakzeptabel und würde auch das Ziel konterkarieren, den Ausbau der Windkraft mit den Bürgern zusammen voranzutreiben.

Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr werden beauftragt, dem Ministerrat zeitnah Detailkonzepte zu den für Bayern genannten nächsten Schritten und Vorhaben zur Entscheidung vorzulegen. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen vorhandener Stellen und Mittel bzw. bleibt künftigen Haushaltsverhandlungen vorbehalten.

2. Staatsregierung intensiviert den Bürokratieabbau in Bayern / Ministerrat beschließt Einrichtung eines Bayerischen Normenkontrollrats

Die Staatsregierung setzt mit der Einrichtung des Bayerischen Normenkontrollrats die vielfältigen, bereits in der Vergangenheit ergriffenen Initiativen fort, die auf Bürokratieabbau, Normensparsamkeit und eine effiziente Verwaltung hinwirken.
Neben der präventiv ansetzenden Paragraphenbremse besteht in Bayern eine Vielzahl an Instrumenten, mit denen die Gefahr der Überregulierung bereits wirksam adressiert wird. Die Zentrale Normprüfstelle in der Bayerischen Staatskanzlei gewährleistet die gleichbleibend höchste handwerkliche Qualität des bayerischen Normenbestands. Der Beauftragte für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung berät und unterstützt die Staatsregierung seit 2017 bei Bürokratieabbau und der Praxistauglichkeit der Vorschriften. Der Praxis-Check ist zur Überprüfung von Normen ein gern genutztes und bundesweit vielbeachtetes Instrument.

Der neu gegründete Bayerische Normenkontrollrat untermauert die starke Rolle Bayerns beim Bürokratieabbau. Er soll die Staatsregierung in den Angelegenheiten der Deregulierung und des Normabbaus, des staatlichen Aufgabenabbaus, des Abbaus entbehrlich gewordener staatlicher Förderungen, einer schlanken Verwaltung, des allgemeinen Normvollzugs sowie der Entbürokratisierung und Digitalisierung beraten und unterstützen. Dieser umfangreiche Untersuchungsgegenstand schafft ein breites Spektrum für Vorschläge zur Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft und Verwaltung. Seine Empfehlungen gibt der Bayerische Normenkontrollrat aufgrund nichtöffentlicher Beratung ab.

Der Bayerische Normenkontrollrat besteht aus mindestens vier und höchstens sechs Mitgliedern. Er soll seine Arbeit zum 1. Juni 2022 aufnehmen. Den Vorsitz übernimmt MdL Walter Nussel in seiner Funktion als Beauftragter für Bürokratieabbau. Stellvertretender Vorsitzender wird MdL Dr. Hubert Faltermeier. Die weiteren Mitglieder werden noch benannt.

3. Entlastung kleiner Schlachtbetriebe durch Neuordnung der Fleischhygienegebühren / Freistaat stellt jährlich bis zu fünf Millionen Euro zur Verfügung

Die Staatsregierung will kleine Schlachtbetriebe finanziell entlasten und so die regionale Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte in Bayern konsequent stärken. Der Ministerrat hat deshalb ein Konzept zur grundlegenden Änderung der Fleischhygienegebühren beschlossen. Mit der Gebührenänderung will der Freistaat faire Rahmenbedingungen für kleine handwerkliche Schlachtbetriebe sicherstellen. Ziel sind verringerte und vor allem einheitliche, pro geschlachtetem Tier anfallende Gebühren für die amtliche Überwachung. Aktuell sind die Gebühren pro Tier in kleineren, handwerklich strukturierten Schlachtbetrieben teilweise deutlich höher als in großen Schlachthöfen und variieren in ihrer Höhe zwischen den verschiedenen Landkreisen. Von den geplanten Verbesserungen sollen rund 1.500 kleinere Schlachtbetriebe bayernweit profitieren, was in etwa 95 % aller Schlachtbetriebe im Freistaat entspricht. Das ist auch ein Schub für den gesamten ländlichen Raum.

Europarechtlich besteht die Vorgabe, dass für amtliche Kontrollen in Schlachthöfen Gebühren zu erheben sind. Die derzeit in Bayern bestehende Gesetzeslage sieht dementsprechend die Erhebung kostendeckender Gebühren durch die Landkreise und Städte vor. Für kleinere Schlachtbetriebe ermöglicht das EU-Recht jedoch Abweichungen davon. Die genaueren Modalitäten sollen nun gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden festgelegt werden. Zum Ausgleich der Gebührenrückgänge in den Kommunen infolge einer Gesetzesänderung werden vom Freistaat bis zu fünf Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt. Geplant ist die Änderung der Rechtsvorschriften für Anfang 2023.

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