Anna Stolz

Pressemitteilungen

05.09.2023

Bericht aus der Kabinettssitzung vom 5. September 2023

1. Bericht zur bayerischen Wirtschaft / Bayerische Industrie trotzt dem Bundestrend: Arbeitsmarkt weiterhin stabil / Staatsregierung unterstützt Bayerns Mittelstand und Industrie bei Transformation / Berlin muss strukturelle Herausforderungen entschiedener angehen / Bayern Spitzenreiter bei öffentlich zugänglichen Ladepunkten dank umfangreicher Förderung

Bayerns Wirtschaft stemmt sich erfolgreich gegen den negativen Bundestrend: Das verarbeitende Gewerbe konnte im Juni 2023 seine Produktion preisbereinigt um 5,0 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat steigern (Deutschland: -1,7 Prozent). Selbst die bayerischen Exporte stiegen: Die hohe nominale Zuwachsrate von 11,8 Prozent zeigt, dass nicht nur Preiseffekte zugrunde liegen. Die Arbeitslosenquote im Freistaat ist mit 3,5 Prozent im August 2023 weiterhin so niedrig wie in keinem anderen Bundesland (Bundesdurchschnitt: 5,8 Prozent).
Der Freistaat stärkt mit vielfältigen Initiativen den Wirtschaftsstandort: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wurde massiv beschleunigt. Der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur und die bayerische Bioökonomiestrategie stellen die Weichen für eine klimaneutrale Wirtschaft. Die milliardenschwere Hightech Agenda schiebt in zentralen Zukunftsfeldern wie Künstliche Intelligenz, Mikroelektronik und 6G an. Europäische IPCEI-Förderprojekte in Bayern in den Bereichen Batterietechnik, Wasserstoff und Mikroelektronik zielen auf die Technologieführerschaft in Schlüsselbranchen.
Die weiteren Aussichten sind allerdings verhalten. Die lahmende Konjunktur bei Bayerns wichtigstem Handelspartner China sowie die erhöhten Energie- und Rohstoffpreise führen zu negativen Geschäftserwartungen der Industriebetriebe. Der Einzelhandel spürt die Kaufzurückhaltung der Kunden infolge hoher Inflation. Und im Wohnungsbau bremsen hohe Baupreise und Bauzinsen. Die Entwicklung wird durch wachstumspolitische Defizite am Standort Deutschland verschärft.
Bayern fordert von der Bundesregierung, die strukturellen Herausforderungen entschiedener anzugehen. Es fehlen weiterhin die entscheidenden Impulse aus Berlin, der Reformbedarf ist hoch. Nur nachhaltige Lösungen bei Energiepreisen, Steuern und Abgaben sichern Investitionen und Innovationen. Bei der Bürokratie kann mehr und zügiger entlastet werden. Dringender denn je muss jetzt mit Rechtsänderungen und Fortbildungsangeboten dem eklatanten Fachkräftemangel entgegengewirkt werden.

Staatsregierung unterstützt Bayerns Automobilindustrie bei Transformation / Bund gefordert bei Verbesserung der Standort- und Rahmenbedingungen
Kraftvoll unterstützt die Staatsregierung die Automobilunternehmen und ihre Zulieferer auf dem Weg in die Mobilität der Zukunft. Nach Bewältigung der tiefen Krisen infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs steht jetzt die technologische Transformation der Branche an.
Der Freistaat hat frühzeitig und technologieoffen mit einem breiten Spektrum an Maßnahmen die Transformation der Automobilindustrie im Freistaat auf den Weg gebracht. Neben dem bewährten Cluster Automotive, den umfangreichen Finanzierungshilfen, Technologieförderprojekten und Qualifizierungsmaßnahmen des 2019 gestarteten Zukunftsforums Automobil hat Bayern den Transformationslotsen ins Leben gerufen. Er ist Impulsgeber und Innovations-Helfer für kleine und mittlere Unternehmen unter den Zulieferern.
Die Karten im globalen Wettbewerb werden neu verteilt. Ausschlaggebend sind der erfolgreiche Wandel hin zu klimaverträglichen Antrieben und die schnelle wie umfassende Digitalisierung der Fahrzeuge. Schärfste Konkurrenz erwächst durch Unternehmen aus China. Hohe Kosten am Standort Deutschland wirken sich zunehmend negativ aus. Die Staatsregierung fordert vom Bund deshalb weiter schnelle und umfassende Entlastungen zum Beispiel bei Energiekosten, Steuern und Genehmigungsverfahren.

Digitale Transformation des bayerischen Mittelstands entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft / Staatsregierung unterstützt mit Milliardeninvestitionen
Die Digitalisierung des Mittelstands ist maßgeblich für die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft und damit für Wohlstand und zukunftsfähige Arbeitsplätze im Freistaat. Deshalb unterstützt die Staatsregierung Unternehmen bei diesem Innovationsprozess mit enormen Mitteln: Das Fundament bilden dabei die Strategie „Bayern Digital“ mit rund 6 Milliarden Euro an Investitionen für Forschung und Vernetzung, Mittelstand, Gründer und Infrastruktur sowie die „Hightech Agenda“ und „Hightech Agenda Plus“ mit einem mittlerweile 5,5 Milliarden Euro umfassenden Maßnahmenbündel.
Das volumenmäßig größte Programm „Digitalbonus“ mit bisher 290 Mio. Euro an Zuschüssen (Stand Ende Mai 2023) unterstützt kleine Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft bei der Digitalisierung von Geschäftsmodellen und -prozessen sowie der Verbesserung ihrer IT-Sicherheit. Das Sonderprogramm „Transformation@Bayern“ mit einem Fördervolumen von über 48 Millionen Euro forciert zudem die Entwicklung und beschleunigte Implementierung innovativer und digitaler Technologien in bayerischen Unternehmen. Ergänzend stehen zahlreiche Finanzierungsangebote von Bayern Kapital und LfA Förderbank Bayern bereit.
Im Rahmen einer digitalen Transformationsoffensive wird der Mittelstand informiert, sensibilisiert und entsprechend qualifiziert. Daneben werden Digitalisierungsnetzwerke unter anderem mit Bayern Innovativ und dem „Zentrum Digitalisierung.Bayern“ aufgebaut und unterstützt. Die Staatsregierung fördert bayernweit 19 digitale Gründerzentren an insgesamt 28 Standorten. Sie dienen der Vernetzung von Start-ups, Unternehmen, Hochschulen und Universitäten sowie Investoren. Darüber hinaus werden zahlreiche branchenspezifische Maßnahmen im Bereich Digitalisierung für Handel, Handwerk und Tourismus unterstützt. Die Initiative „NextGen4Bavaria“ schafft ein exklusives und professionelles Umfeld für Unternehmensnachfolger, die die digitale Aus- und Weiterbildung der nächsten Generation in den Mittelpunkt stellt und bayerische Unternehmen so fit für die digitale Zukunft macht.

Bayern Spitzenreiter bei öffentlich zugänglichen Ladepunkten dank umfangreicher Förderung / Neues Förderprogramm für E-Straßengüterverkehr
Bayern bleibt bei der Elektromobilität auf der Überholspur: Der Ladeatlas Bayern verzeichnet im Freistaat derzeit insgesamt rund 19.200 öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, so viele wie in keinem anderen Bundesland. Mehr als jeder fünfte öffentlich zugängliche Ladepunkt Deutschland befindet sich in Bayern.
Stark gestiegene Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen erhöhen den Bedarf an Lademöglichkeiten. Bayern investiert daher kräftig in den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Insgesamt rund 20 Millionen Euro bayerische Fördermittel wurden 2021 und 2022 in den Aufbau von insgesamt mehr als 7.000 sowohl öffentlich als auch nicht öffentlich zugänglichen E-Pkw-Ladepunkten investiert. Weitere 11 Millionen Euro hat Bayern 2023 für die Förderung bereitgestellt.
Die Staatsregierung reagiert zudem auf den beginnenden Markthochlauf von klimafreundlichen E-Nutzfahrzeugen. Für ein neues Ladeinfrastrukturprogramm im E-Straßengüterverkehr sind zusätzliche vier Millionen Euro vorgesehen. Mit dem neuen Programm wird die Beschaffung und Errichtung von stationären, nicht öffentlich zugänglichen Schnell-Ladepunkten gefördert, die dem Laden von E-Gütertransportfahrzeugen dienen. Das neue Programm startet noch 2023, sobald der Bund seine vergleichbare Förderung auf den Weg gebracht hat.

2. Bundesratsinitiative: Bayern fordert dringende Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen ein / Überbordende bürokratische Hemmnisse hemmen wirtschaftliche Entwicklung / Bayern nennt ganz konkrete Forderungen an den Bund

Die deutsche Wirtschaft ist akut gefährdet. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind für den Wirtschaftsstandort Deutschland von herausragender Bedeutung. Aber gerade diese kleineren Betriebe mit ihren eingeschränkten Verwaltungskapazitäten werden von der Vielzahl von Regelungen und Vorschriften aus verschiedensten Rechtsbereichen oft geradezu erschlagen. Kleinteilige Erleichterungen helfen hier nicht mehr weiter. Bayern fordert deshalb mit einer Bundesratsinitiative, die am 29. September 2023 im Bundesrat behandelt werden soll, vom Bund endlich spürbare Entlastungen im großen Stil.

Die Staatsregierung belässt es dabei nicht bei der allgemeinen Forderung nach Entlastungen, sondern fordert vom Bund konkrete Maßnahmen ein, um die Belastung zu senken und dauerhaft niedrig zu halten. Dazu zählen insbesondere Maßnahmen aus dem Arbeitsrecht, zur Belegpflicht, Statistik und Datenschutz wie:

  • Abschaffung der in Zeiten der Digitalisierung nicht mehr nachvollziehbaren zwingenden Papierschriftform für wesentliche Vertragsbedingungen von Arbeitsverträgen (Zulassung der Textform und der elektronischen Form);
  • Ausnahme von der Arbeitszeiterfassung für KMU, wonach auf die Arbeitszeitdokumentation verzichtet werden kann, wenn die Arbeitszeit bereits in Dienstplänen oder im Arbeitsvertrag erfasst ist;
  • Automatischer Versand von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch die Krankenkassen an den bekannten Arbeitgeber statt – wie aktuell – Abrufpflicht durch KMU bei den Kassen;
  • Pragmatischer einzelfallgerechter Umgang mit Gefährdungsbeurteilungen nach der Betriebssicherheitsverordnung bei Anschaffung eines neuen Arbeitsmittels durch KMU (Arbeitsschutz).
  • Die bisher für jeden Kleinstbetrag an der Kasse geltende Belegpflicht (§ 146a Abs. 2 AO) soll eine Bagatellregelung vorsehen und damit Belege bei Einkäufen bis zu 15 Euro ausnehmen, um sowohl die damit verbundene Arbeit wie den damit verbundenen Müll zu vermeiden;
  • Häufigere Anhebung der Schwellenwerte bei statistischen Meldepflichten. Statistische Erhebungen sollen außerdem so gefasst werden, dass die nötigen Angaben von den Betriebsinhabern möglichst ohne zusätzlichen Rechercheaufwand ermittelt werden können.
  • Aufhebung der Pflicht zur Bestellung betrieblicher Datenschutzbeauftragter nach § 38 Abs. 1 S. 1 BDSG.
  • Außerdem soll der Bund prüfen, die „one in, two out“-Regelung (Neue Belastungen dürfen nur in dem Maße eingeführt werden, wie bisherige Belastungen abgebaut werden) auf das Bundesrecht anzuwenden.
  • Der Bund soll die umgehende Zuteilung von Wirtschaftsidentifikationsnummern und den raschen Start des Unternehmensbasisdatenregisters sicherstellen.

3. Zukunftsstrategie zur tierärztlichen Versorgung von Nutztieren in Bayern – Einführung einer Landtierarzt-/ Landtierärztinnenquote

Die Sicherstellung einer guten tierärztlichen Versorgung auf dem Land ist der Staatsregierung ein wichtiges Anliegen. Sie dient sowohl dem Tierschutz als auch dem Erhalt und der Fortführung zukunftsfähiger landwirtschaftlicher Betriebsstrukturen im ländlichen Raum. Der Ministerrat hat heute das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz beauftragt, gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst ein Konzept für eine Landtierarztquote in Bayern zu erarbeiten und die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Landtierarztquote zu schaffen. Mit einer Landtierarztquote sollen Tierärztinnen und Tierärzte frühzeitig an den ländlichen Raum gebunden und der Kontakt zur Nutztierpraxis gefördert werden. Als Vorbild dient die bereits existierende Landarztquote in der Humanmedizin. Dabei soll beispielsweise ein Auswahlverfahren eingeführt werden, das neben leistungsbezogene Kriterien wie Abiturnote oder Medizinertest tritt, sowie eine Verpflichtung, im Anschluss an das Studium in bestimmten Regionen tätig zu werden. Wie in der Humanmedizin soll die Landtierarztquote durch zusätzliche Maßnahmen wie Stipendien oder Niederlassungsförderungen flankiert werden.

Die Einführung einer Landtierarztquote ist Teil einer umfassenden Zukunftsstrategie. Ziel ist es, den Tierarztberuf auf dem Land insbesondere in der Nutztierpraxis insgesamt attraktiver zu gestalten, um möglichen Versorgungslücken frühzeitig entgegenzuwirken. Die Zukunftsstrategie baut auf vielfältige Maßnahmen, darunter eine Unterstützung attraktiver Praxismodelle, Verbesserungen bei der Vergütung von Tierärzten und zwei neue Spezialisten-Netzwerke zur tierärztlichen Versorgung von Rindern und Schweinen. Auch der bundesweit einzigartige interdisziplinäre Masterstudiengang „Tiergesundheitsmanagement“ der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Zusammenarbeit mit der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München gehört dazu.

Nach einer Studie der LMU München ist in den kommenden Jahren in einigen Regionen Bayerns mit einer tierärztlichen Unterversorgung bei rinderhaltenden Betrieben zu rechnen. Gerade in ländlichen Regionen gestaltet sich die Nachwuchsgewinnung in der Nutztierpraxis zunehmend herausfordernd. Auch der demographische Wandel hat zu einem deutlichen Rückgang der tierärztlichen Praxen für Nutztiere geführt: Gab es in Bayern 2014 noch knapp 1.200 niedergelassene Tierärzte für die Versorgung von Nutztieren, sind es aktuell noch knapp 740.

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